Ein Förderprojekt mit weitreichender Implikation geht in der Region an den Start: Im Verbundprojekt „GREEN EPITAXY“ wird eine vollkommen neue Produktionstechnik für Verbindungshalbleiter erforscht. Diese „Wunderwerkstoffe“ bilden eine hervorragende Grundlage für effiziente Consumer Electronics: Hocheffiziente Transistoren im Bereich der Elektromobilität, nahezu verlustfreie Leistungsbauelemente von Serverarchitekturen bis hin zu Ladenetzteilen für Computer und Mobiltelefone oder mikrometergroße Leuchtdioden (microLED) für Displays der nächsten Generation.
Das Vorhaben wirkt dabei mehrdimensional. In der Region setzt man große Hoffnung auf die Schaffung neuer, nachhaltiger Arbeitsplätze in einer Zukunftsbranche. Weltweit profitieren Unternehmen der Leistungselektronik von deutlich kostengünstigeren Halbleiterchips, die es erlauben, die kleinen Schalt- und Speicherwunder nicht nur in High-End Produkten, sondern auch breitflächig in Massen- und Konsumgütern einzusetzen. Und global gewinnt die Umwelt, da mit dem neuen Produktionsverfahren zum einen die Fertigung der Halbleiter mit deutlichweniger Energie- und Gasverbrauch einher geht, zum anderen der breitflächige Einsatz der hocheffizienten Halbleiterchips in einer immensen CO2-Reduktionin der Produktion und in der Anwendung resultiert. Und last but not least ermöglicht die neue Produktionstechnik vollkommen neue Materialkombinationen und Halbleiterarchitekturen. Darauf aufbauend wird die Ansiedlung in der Region für neue Unternehmen besonders attraktiv, um an der Fortschreibung der Wertschöpfungskette mit neuen Produkten und Bauelementen zu partizipieren.
Das Konsortium des Verbundprojekts GREEN EPITAXY besteht aus der ELEMENT 3-5 GmbH aus Baesweiler, dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen und der NMWP Management GmbH aus Zülpich. Den Partnern wurde bereits Ende Mai der positive Förderbescheid zugestellt, so dass die Arbeiten zeit- und zielgerichtet begonnen werden konnten. Um der besonderen Tragweite des Projekts Rechnung zu tragen, wird die Übergabe der Förderbescheide symbolisch nachgeholt. Im Technikum der ELEMENT3-5 GmbH wird dazu am 12. Dezember 2024 in einer kleinen Feierstunde Frau Silke Krebs, Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, über die Relevanz des Projekts für den Standort NRW und die globalen Auswirkungen für die Umwelt sprechen. Neben Frau Krebs werden Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier und Bürgermeister Pierre Froesch das Projekt mit seinen positiven Auswirkungen für die Stadt und die Region beleuchten. Dr. Volker Sinhoff, Geschäftsführer der ELEMENT 3-5 GmbH, wird in seiner Funktion als Koordinator des Verbundprojekts die Inhalte und Arbeitsfortschritte kurz skizzieren.
Als Strukturwandelprojekt im Kontext des Rheinischen Reviers initiiert, wird GREEN EPITAXY im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms aus Mitteln gefördert, die der Bund für das Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen bereitgestellt hat. Das Gesamtvolumen des Vorhabens beläuft sich auf Euro 21,5 Mio. Förderadministrativ betreut wird das Vorhaben durch das Team des Projektträgers Jülich.
„Mit unserer Next Level Epitaxie schlagen wir in der Halbleitertechnik ein vollkommen neues Kapitel auf. Nebeneiner Kostenersparnis von bis zu 90% ermöglicht die Technologie grundlegend neue Bauelemente, beispielweise das Verheiraten von Mikroelektronik und Photonik in einem Chip. Oder für die nächste Displaygeneration die direkte Fertigung von leistungsstarken microLEDs auf großflächigen Substraten, so dass die aufwändige Montage ersatzlos entfällt. Und mit neuen Transistorarchitekturen, die aufgrund ihrer günstigen Kostenstruktur in nahezu allen Anwendungsbereichen ineffektive siliziumbasierte Lösungen ersetzen können, schaffen wir die Grundlage für eine gigantische Reduktion der CO2-Emissionen.“ skizziert Dr. Sinhoff die technologischen und umweltpolitischen Auswirkungen.
„Wir reden hier über Märkte mit einem Milliardenvolumen und zweistelligen jährlichen Zuwachsraten. Die Wertschöpfungskette durch die Ansiedlung weiterer Unternehmen, die die Chancen der neuen Fertigungstechnologie nutzen und darauf aufbauend neue Produkterealisieren, ist eine Chance, große wirtschaftliche Potenziale zu heben Arbeitsplätze in der Region und darüber hinaus in Deutschland zu schaffen und vor allem eine nachhaltige Transformation in der Wirtschaft in Gang zu setzen,“ erläutert Dr. Harald Cremer, Geschäftsführer der NMWP Management GmbH, die Aufgabe seines Unternehmens im Verbund.
„Wir sind Produktionsexperten und versuchen daher in interessanten Branchen stets neue produktionstechnische Akzente zu setzen. Die Halbleitertechnik ist eine Schlüsselbranche und deshalb ist die Mitwirkung in diesem Vorhaben für uns von größtem Interesse. Mitunserer Kompetenz im Bereich der Laser- und Automatisierungstechnik sowie der Glasumformung liefern wir maßgebliche Bausteine zum Gelingen des Vorhabens. Gleichzeitig bilden wir Experten in diesem Technologiefeld aus, um nachhaltiges Wachstum mit entsprechend geschultem Personal zu untermauern.“ fasst Professor Thomas Bergs, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT, die Motivation und das Arbeitsgebiet seines Instituts zusammen.
Nach Angaben des Analystenhauses Global Markets Insights ist der Markt für GaN-Chips einer der vielversprechendsten und wachstumsstärksten der gesamten Halbleiterbranche. Waren im vergangenen Jahr mit GaN-Bauelementen noch rund 17,5 Milliarden USD erlöst worden, soll der Markt von 2024 bis 2032 mit einer durchschnittlichen Rate von22,5% jährlich wachsen. Grund für das rasante Wachstum der GaN-Bauelemente sind die überlegene Leistung im Vergleich zu herkömmlichen silizium-basierten Komponenten, darunter höhere Effizienz, schnellere Schaltgeschwindigkeiten und eine bessere Leistungsfähigkeit.
Projektsteckbrief
Ziel von GREEN EPITAXY ist die Erforschung der Next Level Epitaxie (NLE) als Basis für eine ressourcenschonende Halbleiterproduktion und Wegbereiter für energieeffiziente Konsumgüter.
Der Verbund besteht aus der ELEMENT 3-5 GmbH (Koordinator), dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT sowie der NMWP Management GmbH.
Aktuell werden zur Herstellung von Verbindungshalbleitern extrem hohe Prozesstemperaturen (>1000 °C) und toxische Gase benötigt. Neben der Umweltbelastung führen der hohe Energie- und Gaseinsatz in Verbindung mit begrenztem Durchsatz zu hohen Fertigungskosten.
Die NLE arbeitet bei 300 °C. Sie benötigt lediglich 10% des Prozessgas- und Energieeinsatzes bei gleichzeitigem Verzicht auf toxische Gase. Zusammen mit einer zehnfach höheren Anlagenkapazität reduzieren sich die Fertigungskosten signifikant, so dass erstmalig ein Übergang auf effizientere Verbindungshalbleiter in Massenmärkten möglich wird – ein enormer Hebel für Energieeffizienz und -Einsparung.
Mit dem Einsatz der NLE in der Halbleiterproduktion wird die Energieeffizienz auf Produktions- und Produktebene signifikant gesteigert.
Die ELEMENT 3-5 GmbH ist Erfinder der NLE und erforscht im Vorhaben neue Materialsysteme. Das Fraunhofer IPT entwickelt Automatisierungsansätze, Methoden zur Substratstrukturierung sowie Lösungen für die effiziente Gestaltung nachfolgender Prozesse. Die NMWP Management GmbH konzentriert sich auf Technikfolgenabschätzung und evaluiert Potenziale für Folgeindustrien und deren Ansiedlung.
Auf Basis der zu entwickelnden Prototypen werden in der Folge Serienmaschinen abgeleitet, die zur Halbleiterproduktion genutzt werden. In einem Open-Lab-Ansatz werden Folgeindustrien motiviert, ihre zukünftigen Produkte prototypisch herzustellen.
Das Projektvolumen beträgt Euro21,5 Mio. bei einer Laufzeit von 3 Jahren. Gefördert wird das Vorhaben durch Mittel des Bundes. Betreut wird das Vorhaben durch den Projektträger Jülich.
Gefördert durch die Bundesrepublik Deutschland
Zuwendungsgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutzaufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages